Dorothee
hat eingeladen – ihr Foodblog „bushcooks kitchen“ feiertGeburtstag und zu der anstehenden Party, bringe ich gerne ein
Souvenir mit...
...und eine kleine Geschichte, an deren Ende auch ein
wenig gekocht wird.
Es ist
Freitag Abend gegen 20 Uhr.
Der
kleine Junge liegt schon im Bett, aber er kann nicht einschlafen.
Nicht die abendliche Sommerhitze macht es ihm schwer in den Schlaf zu
finden, sondern es ist das Fieber !
Das
Reisefieber !
Ganz
früh am nächsten Morgen soll´s losgehen. Deshalb musste er so früh
schlafen gehen ….“schlaf schon mal paar Stündchen vor“ hörte
er seine Mutter sagen,
„morgen
um 4 Uhr geht es los!“
Es war
noch dunkel.
Der
weiße Ford Taunus war gepackt. Koffer und Taschen im Kofferraum
verstaut, die Kühltasche, Bilderbücher und Kuscheltiere waren
griffbereit, ebenfalls der Pullover, es könnte ja sein....ihr könnt
Euch sicherlich erinnern.
Man
startete in den anbrechenden Tag, kurz vor Frankfurt zeigten sich von
Osten die ersten Sonnenstrahlen und der Ford nahm Kurs auf Basel,
denn man reiste in die Schweiz.
Endlose
Stunden sollte die Fahrt noch dauern. Klimaanlagen gab es damals noch
keine, die Fenster durften nur im Stau geöffnet werden, da es sonst
zog.....
Der
Junge wurde damit vertröstet, dass es bald eine Abkühlung geben
sollte, denn das nächste Ziel nach dem Basel passiert war, hieß San
Gottardo ! Damals fuhr man noch nicht durch den endlosen, stickigen
Tunnel, durch dessen Existenz man heute ca. eine ¾ Stunde Fahrtzeit
„spart“, einem aber wunderschöne Impressionen des Passes
entgehen!
Der
weiße Ford erklomm bedächtig die Serpentinen des Passes.
Traditionell
machte man bei Erreichen des Hospizes San Gottardo eine längere
Pause. Nun gabs kleine Snacks, Erfrischungen und Abkühlung, denn
nicht selten lag dort noch meterhoch Schnee.
In den
Augen eines 4-5 jährigen eine sensationelle Erfahrung : Schnee im
Hochsommer !
Nach
ausgiebiger Stärkung und obligatorischen „
Autofahrer-Gymnastik-Übungen“, ging die Fahrt weiter.
Die
Landschaft änderte sich nun – die grünen Heidiwiesen und
Landschaften wichen nun schroffen Gebirgswelten, steinig, bizarr,
aufregend !
Auch
sprachen die Menschen nun nicht mehr dieses lustige Deutsch, welches
so im Rachen kratzen musste, nein, man sprach jenseits des Gotthards
italienisch, die Gasthäuser die wir passierten hießen Ristorante
oder Albergo .
Wir
waren bald am Ziel unserer Reise. Der Ford hielt an der uns
wohlbekannten Adresse in Melide, ein kleiner Ort zwischen Lugano und
Morcote.
Die
Koffer waren noch nicht ausgepackt, da rannte der kleine Junge schon
durch den Garten seines Onkels, um sich in die kühlenden Fluten des
Lago di Lugano zu stürzen. Ein Haus am See ! ...mit eigenem
Booststeg und Motorboot !
Dies
erschien nicht nur dem kleinen Jungen paradiesisch.
Nach
einem ausgiebigen Bad, bat man zu Tisch !
In
Erinnerung habe ich noch den ausgezeichneten Salat, der stets als
Vorspeise serviert wurde. Er schmeckte so viel besser als zu Hause
und ich setze aber später durch, dass der Salat auch im hessischen
stets vor der Hauptspeise serviert werden sollte und er schmeckte mir
dann auch gleich viel besser !
Als
Hauptgericht wurde ein fremdartiger, gelber Brei, der mal cremig sich
über den Teller ergoss, mal aber etwas fester in Butter ausgebacken,
der wunderbare Begleiter eines in Rotwein geschmorten Rinderbratens
war.
Als
Reminiszenz an diese wunderschöne Zeit, habe ich das Gericht Brasato
al Merlot und eine Polenta, zur Geburtstagsparty mitgebracht.
Als
Getränk wurde dem Jungen eine Zitronenlimonade in einem lustigen
kleinen Krug serviert, aus dem man direkt trank. Dieser Krug nannte
sich Boccalino, die Limonade hieß Gazzosa und die Erwachsenen
erfrischten sich ebenfalls mit Gazzosa, der allerdings noch ein
ordentlicher Schluck Merlot hin zugemischt wurde.
Dieser
Boccalino, soll mein Souvenir für Dorothee sein.
Ich habe
6 Stück davon und an heißen Sommertagen kommen diese Krüge noch
heute auf meiner Terrasse zum Einsatz, auch heute mische ich noch
Zitronenlimo mit Rotwein und wenn ich den Boccalino lange genug
betrachte, höre ich entfernt die Schiffe über den Lago ihre Bahnen
ziehen, sehe ich das Motorboot mit dem Namen BLITZ, welches ich als
„kleiner Käptn“ über den See steuern durfte, erlebe ich erneut
das Treiben der Souvenirhändler unter den Bögen Morcotes, deren
Stände sich mit den Tischen und Stühlen der Ristorantes
abwechselten.
Dann
schweifen meine Gedanken zurück in die Zeit, die dem kleinen Jungen
unbeschreiblich schöne Ferien und unvergessene Eindrücke bescherten
und die den großen, mittlerweile etwas ergrauten Jungen noch immer
ins Schwärmen für das wunderbare Tessin geraten lässt.
Noch
heute ist für mich ein Aufenthalt in dieser paradiesischen Region,
noch immer den Inbegriff von Urlaub und Ferien, der Brasato al Merlot
mit Polenta ein absolutes Lieblingsessen und die Fahrt ÜBER den San
Gottardo und nicht DURCH,auch heute noch ein Erlebnis!
Nun habe
ich soviel erzählt vom kleinen Jungen, der mittlerweile groß und
etwas älter geworden ist, dass mein Rezept des Gerichtes nicht mehr
auf mein Skriptpapier passt.
Wenn Ihr
wissen wollt, wie das schmecken muss, fahrt ins Tessin ! Wenn ihr
meinen Onkel trefft, grüßt ihn von mir – er wird Euch zeigen.
Dass es auch heute noch Boccalinos bei den Souvenirhändlern unter
den Bögen Morcotes gibt ,
Arrivedervi
in Ticino !
Wunderschön! Und bestimmt in Wirklichkeit genau so lecker wie in der Erinnerung. Und so süß, der Kleene :) Und je früher man die Schnabeltassen lieben lernt, desto besser :D
AntwortenLöschenNein... irgendwie nicht der Moment für Scherze, einfach wunderschön und das hat mir ein seeeehr langes Lächeln ins Gesicht gezaubert und warm ums Herz gemacht:)
Geht mir noch heute so ! Das waren patadiesische Ferien, die ich damals auf diesem wunderbaren Fleckchen Erde verbringen durfte.
AntwortenLöschenLieber Tom, deine Geschichte ist wunderbar und macht so richtig Sehnsucht auf frisches, unverbrauchtes Verreise-Glück. Ich habe komplett andere "Souvenirs", denn gen Süden hat es uns seinerzeit nicht verschlagen. Aber beim Lesen deiner Erzählung war ich live dabei. So schade, dass sich diese "ersten Male" mit all ihrem Zauber so schwer wiederholen lassen ... aber wozu haben wir unsere Erinnerungen? Danke fürs Teilen!
AntwortenLöschenLiebe Barbara, Dorothees Thema waren Souvenirs :) und die helfen , den Zauber der Erinnerung zu erhalten
LöschenDer kleine Thomas und die großen Abenteuer. Jeder sollte glücklich sein, wenn er Kindheitserinnerungen dieser Art hat. Ich habe ähnliche, von natürlich nicht so weiten Reisen, die mir aber ebenso vorkamen.
AntwortenLöschenNicht die Entfernung macht eine spannende Reise aus, sondern dass das Erlebte nachhaltig in Erinnerung bleibt :)
LöschenWie schön!!!!! Deine Geschichte hat mich sehr gerührt. Ich wünschte, ich hätte ähnliche Erinnerungen aus meiner Kindheit. Leider ann ich mich aber nur an zwei Urlaube entsinnen, die zwar auch schön waren, aber die nicht so viele Emotionen bei mir heute entfachen. Wir fuhren halt nicht in den Urlaub...
AntwortenLöschenDanke fürs erzählen, lieber Tom
Sehr gerne, Sandra :)
LöschenHallo Tom,
AntwortenLöschenden Gastbeitrag hast Du wirklich heiter und lesenswert geschrieben. Ich habe noch nie was gehört von Gazzosa mit Merlot, kann ich mir jetzt gar nicht vorstellen, die Kombination. Muss ich im Sommer mal probieren. mit einem anderen Rotwein, da ich Merlot oft schlecht vertrage.
Aber Barbara ! Du kommst doch aus Bayern und kennst Radler, oder einen Russen :) tausche einfach das Helle mit dem Merlot und der Sommer kann starten :)
LöschenLieber Tom,
AntwortenLöschenvielen Dank für diese bezaubernde Geschichte und ich freue mich ganz besonders, dass Du dabei bist.
Sehr gerne !
Löscheneine wundervolle Geschichte über diese wundervolle Region - ich bin gerade soooo was von gerührt
AntwortenLöschen...und das schöne ist, dass man trotz aller Veränderungen die auch vor dem Tessin nicht Halt machten, man auch heute noch viele Dinge wieder entdeckt, die offensichtlich unveränderbar sind :)
Löschenja, z.B. die Boccalini ;-)
LöschenEine ganz süße Kindheitsgeschichte... wunderbar erzählt und bebildert...
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Kebo
liebe Kebo, es freut mich, wenn du beim Lesen den gleichen Spaß gehabt hast, wie ich beim Schreiben.
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